»Frauen und Kinder wurden in einen Brunnenschacht geworfen« – Terrormiliz IS ermordet im Westirak 322 Angehörige eines sunnitischen Stammes
Die irakische Regierung berichtete am Sonntag, in der vergangenen Woche seien mindestens 322 Angehörige des sunnitischen Stammes Al-Bu Nimr, darunter viele Frauen und Kinder, von Kämpfern der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ermordet worden. Die Leichen waren in einen Brunnenschacht geworfen worden.
Der Stammesführer Scheich Naim al-Ga’ud erklärte, allein am Sonntag seien 75 Stammesangehörige getötet worden, als sie versuchten, den Kämpfern des IS zu entkommen. Sie wurden niedergeschossen und einfach in der Nähe der Stadt Haditha abgelegt.
»Die Zahl der Angehörigen des Stammes Al-Bu Nimr, die von IS-Kämpfern ermordet wurden, beläuft sich auf insgesamt 322 Menschen. Die Leichen von 50 Frauen und Kindern wurden in einem Brunnenschacht entdeckt«, erklärte der irakische Menschenrechtsminister am Sonntag.
Beim Stamm Al-Bu Nimr handelt es sich um einen sunnitischen Stamm, der gegen den IS kämpft. Es war den Kämpfern des Stammes gelungen, den IS einige Wochen lang aus der Provinz Anbar fernzuhalten.
Dann gingen ihnen der Treibstoff und die Munition aus. Nachdem sich der Stamm zurückgezogen hatte, machte der IS Jagd auf die Stammesangehörigen und begann sie seit Beginn letzter Woche systematisch hinzurichten.
Al-Ga’ud erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, Kämpfer des IS hätten 50 Angehörige seines Stammes getötet, die in der Provinz Anbar vor dem IS geflohen seien. Sie waren zu Fuß in einem Wüstengebiet in der Provinz in der Nähe des Wadi Thartar unterwegs, als sie vom IS umzingelt und ermordet wurden. Der Stammesführer berichtete, er habe die irakische Regierung verschiedentlich aufgefordert, seinen Stamm mit Waffen und Kämpfern zu unterstützen. Aber Bagdad habe nicht reagiert.
Bei einem ähnlich gelagerten Zwischenfall wurden nach Angaben eines Sicherheitsbeamten aus Anbar 35 Leichen in einem Massengrab gefunden.
Eine Woche der Massaker und der Hinrichtungen
Vor diesen neuerlichen Berichten über Leichenfunde waren bereits am vergangenen Donnerstag an die 200 Angehörige des Al-Bu-Nimr-Stammes ermordet worden. In einem Massengrab in der Nähe der am Euphrat gelegenen Provinzhauptstadt Ramadi waren am Donnerstagmorgen die Leichen von 150 Angehörigen des Stammes entdeckt worden.
IS-Kämpfer hatten die Männer aus ihren Dörfern nach Ramadi verschleppt, um sie dort hinzurichten. Vertreter der Polizei und der Sicherheitskräfte erklärten, sie hätten das Massengrab am Donnerstagmorgen entdeckt. Sie gingen davon aus, dass die Männer bereits am Mittwochabend erschossen worden seien.
Bei den meisten Leichen handelte es sich um Kämpfer des Al-Bu-Nimr-Stammes, die sich zurückgezogen hatten, nachdem sie wochenlang vom IS belagert worden waren. Sie waren in ihre
Hochburg in der Ortschaft Zaiyat Al-Bu Nimr geflohen, wurden dort aber von IS-Kämpfern umzingelt und erschossen. Ihre Leichen wurden dann in ein Massengrab geworfen.
In einem anderen Fall wurden die Leichen von 70 männlichen Angehörigen des Al-Bu-Nimr-Stammes in einem Massengrab in der Nähe der Stadt Hit entdeckt, die sich etwa 80 Kilometer nordwestlich der Provinzhauptstadt befindet, berichteteReuters.
»Wir haben die Leichen heute Morgen aufgefunden, und einige IS-Kämpfer sagten uns, diese Leute stammten aus Sahwa und hätten gegen den IS gekämpft. So werde jeder bestraft, der gegen den IS kämpfe«, berichtete ein Augenzeuge, der aber aus Gründen seiner Sicherheit anonym bleiben wollte, gegenüber Reuters.
Der IS hatte den Männern zunächst freies Geleit von ihren Dörfern bis nach Hit zugesichert, sie dann aber letztlich doch umzingelt und niedergeschossen, erklärten Stammesführer gegenüber der Nachrichtenagentur.
Bei einem weiteren Massaker zwangen Kämpfer des IS 30 Männer des Stammes am Montagmorgen, sich in einer Reihe im Zentrum von Hit aufzustellen. Nachdem sie praktisch wie Kriegsbeute durch die Stadt ziehen mussten, wurden sie erschossen.
Nach Angaben des Vorsitzenden des Provinzrates von Anbar, Sabah Karhut, handelt es sich bei den Ermordeten um sunnitische Stammeskämpfer, die mit der irakischen Regierung und Angehörigen der irakischen Sicherheitsdienste zusammenarbeiteten.
»In den vom IS kontrollierten Gebieten finden derartige Massaker praktisch täglich statt, und sie werden solange anhalten, bis die Terrormiliz gestoppt wird«, erklärte Faleh al-Issawi, ebenfalls führendes Ratsmitglied in Anbar gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press (AP).
Der Islamische Staat kontrolliert weite Regionen der Provinz Anbar, die von strategischer Bedeutung ist, da sie sich von der syrischen Grenze bis nach Bagdad erstreckt. Die Terrormiliz belagert auch einen großen Luftwaffenstützpunkt und den Haditha-Staudamm am Euphrat.
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