Am 5. November 2009 ermordete der Militärpsychologe Nidal Malik Hasan der auf dem Army-Stützpunkt Fort Hood in Texas mit zünftigem “Allahu Akbar” zwölf Kameraden und einen Zivilangestellten, weitere 42 Menschen wurden von ihm verletzt. Nach vielen Verzögerungen, unter anderem auch, weil ein Berufungsgericht klären musste, dass der Muslim Hasan nicht dazu gezwungen werden kann, sich den entsprechenden militärischen Vorschriften zufolge zu rasieren, muss er sich jetzt vor einem Militärgericht verantworten. Kurz vor Prozessbeginn verzichtete er auf seine US-Staatsbürgerschaft und missbillige die Demokratie: es sei ihm als Muslim nicht erlaubt, die Werte der Demokratie über jene der Scharia zu stellen. Muslime sollten, so Hasan, ihre Glaubensüberzeugungen nicht um der Nicht-Muslime willen “kompromittieren”.
“Der Amokläufer, der die Taliban schützen wollte” – so titelte Uwe Schmitt heute seinen Beitrag über den Prozess gegen Nidal Malik Hasan in der WELT. Aber von dieser Überschrift einmal abgesehen fällt auf, wie wenig Bedeutung die deutsche Presse dem Motiv Hasans beimisst. Es wirkt fast so, als ob man sich nach dem Anschlag Arid Ukas am Frankfurter Flughafen und den Terror-Anschlägen in Boston und London daran gewöhnt hätte, dass radikale Muslime Nicht-Muslime ermorden, um andere Muslime zu “schützen”. Sicher, kein deutscher Journalist benutzt das Wort “Ummah”, stattdessen wird seit 9/11 alles stereotyp mit der Formel “Hass auf Amerika” entschuldigt. Aber die Beiträge unserer linkspopulistisch korrekten Presse lesen sich so, als hätte man das Prinzip der Ummah längst begriffen und akzeptiert. Für eine Presse, die uns abseits von Terror-Anschlägen immer wieder erzählt, dass Islam, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit miteinander kompatibel seien und mehr Muslime bei Polizei und Bundeswehr als Fortschritt darstellt, eine bemerkenswerte Form der Verlogenheit.
Hasan wird sich vor Gericht selber verteidigen, in den Voranhörungen gab er als Motiv für seine Tat an, er habe die radikal-islamischen Taliban in Afghanistan vor ausländischen Soldaten “schützen” wollen. Doch die Vorsitzende Richterin, Oberst Tara Osborn, war nicht gewillt, diese “haltlose” und “unbewiesene” Behauptung als Argument der Verteidigung zuzulassen. Eine Begründung, die aus militärjuristischer Perspektive korrekt und plausibel sein mag, aus muslimischer Perspektive jedoch ergibt Hasans Motiv Sinn. Jetzt wird davon ausgegangen, dass die Ankläger versuchen werden, mit Hilfe von Protokollen seiner Internetsuchen zu belegen, dass sich Hasan vor seiner Tat zu einem sogenannten “Islamisten” entwickelt habe. Osborn verbot jedoch, E-Mails zwischen Hasan und dem damaligen Al-Qaida-Prediger Anwar al-Awlaki als Beweismaterial zu verwenden, da es in ihnen keinerlei Hinweise auf einen geplanten Anschlag gegeben habe.
Mit seinem Versuch, sich noch vor dem Prozessauftakt für schuldig zu bekennen, um einer möglichen Todesstrafe zu entkommen, ist Hasan gescheitert; die Ankläger ließen sich nicht darauf ein. Jetzt droht ihm die Todesstrafe. Wenn man bedenkt, dass Hasan die eigenen Kameraden ermordet hat, so ist diese Strafe faktisch alternativlos. Trotzdem bleibt das wenig schöne Gefühl, dass ein demokratischer Rechtsstaat westlicher Prägung, der Muslime bewaffnet, immer ein latentes Risiko schafft, dass diese Waffen eines Tages gegen ihn selber eingesetzt werden. Nidal Malik Hasans deutliche Worte zu Demokratie und Scharia kurz vor seinem Prozess haben eine klare und unmissverständliche Sprache gesprochen.
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