In Siegburg ist die Ehe eines iranischen Paares geschieden worden. Dabei wurde sowohl deutsches als auch islamisch-schiitisches Recht angewandt. Ein Präzedenzfall?
Sie waren verheiratet, aber schon lange kein Paar mehr. Weil die Eltern von zwei Kindern bereits seit Jahren getrennt lebten, wollte sich die Frau scheiden lassen. Ein klarer Fall für ein deutsches Gericht, aber eine komplizierte Angelegenheit für die beiden iranischen Staatsbürger, die sich im November 2011 im Amtsgericht Siegburg gegenüber standen. Denn eine Scheidung nach deutschem Recht wird im Iran nicht anerkannt – und das ist vor allem für die Frau ein Problem.
Ohne gültige Scheidung nach islamischem Recht läuft die Frau bei einer Reise in ihr Heimatland Gefahr, inhaftiert zu werden. Eine Scheidung, die nach deutschem Recht vollzogen wird, nützt ihr im Iran wenig. Denn seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gilt dort islamisch-schiitisches Recht. Das sieht vor, dass der Mann der Trennung zustimmen und ein islamischer Geistlicher die Scheidung vollziehen muss.
Ausnahme oder Präzedenzfall?
Was in Siegburg als Einzelfall gilt, könnte sich bald in Hamburg wiederholen. Dort wird vor dem Familiengericht zurzeit ein ähnlicher Fall verhandelt. Für die Mitarbeiter am Amtsgericht Siegburg war es ein ungewöhnlicher Anblick: Mullah Mahmood Khalilzahdeh kam eigens in den Gerichtssaal, um die Scheidung des Ehepaars zu bestätigen. In den meisten Ländern werden Ehen und Scheidungen nach deutschem Recht zwar problemlos anerkannt. Das gilt aber nicht für den Iran. Dort ist die staatliche Gewalt dem obersten geistlichen Führer unterstellt. Die Meinung von Ayatollah Ali Khamenei ist in allen Fragen der Legislative, Exekutive und Judikative ausschlaggebend. Deutsches Recht hat in der Islamischen Republik keinen Platz.
Umgekehrt wird das islamisch-schiitische Recht vor allem, wenn es um Scheidungen geht, normalerweise nicht in deutschen Gerichten vollzogen. Die Siegburger Amtsgerichtspräsidentin Brigitte Niepmann betrachtet die Scheidung der beiden iranischen Staatsbürger mit anschließender Bestätigung eines Mullahs auch lediglich als eine "Service-Leistung". Sie weiß, dass die Mutter der Ehefrau im Iran lebt und schwer erkrankt ist. Um sie zu besuchen, brauchte die Frau gültige Papiere. (...)
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